Inspiration: ein instabiles Internet

„Büchsentelefon“

Die Meldung des Tages im Sommerloch: ein großer deutscher Provider – wir wollen keine Namen nennen, um Unitymedia nicht zu schaden – hat Probleme. Die Folge: 50.000 Haushalte im Münsterland konnten heute Morgen weder surfen, telefonieren noch fernsehen.

Im Köln-Bonner Raum gab es in den letzten Tagen auch diverse Ausfälle, Nordrhein-Westfalen fühlte sich zeitweise wie zurückgebombt in die Steinzeit.

Auf den sommerlichen Urlaubsinseln herrscht ebenfalls Chaos. Die Roaming-Gebühren wurden doch nicht abgeschafft, Europas Ländergrenzen sind offensichtlich stabiler als wir es hofften.

Guthaben futsch nach nur fünf Minuten Facebook und einem kurzen Anruf nach Hause. Danach ist keine Verbindung mehr möglich zu dieser grenzenlosen Welt, in der wir leben.

Die Provider wird’s dennoch freuen, die verdienen auch dann, wenn nichts mehr geht! So wie heute im Münsterland.

Da kommt mir der Gedanke, dass ich bereits schon als Kind online war. Nur im Gegensatz zu heute waren die Verbindungen absolut stabil, der Sound glasklar und das ganze völlig kostenlos. Erinnert ihr euch?

Wer nicht, der googele mal den Begriff:

„Büchsentelefon“.

Dann findet man auf einer Seite namens „Physik für Kids“ die folgende Bauanleitung:
„Ein Telefon aus alten Büchsen? Das geht wirklich! Erstmal brauchst du folgendes Material:

– zwei Blechbüchsen oder zwei Sahnebecher aus Plastik…“

(da ich Sahne nicht wirklich mag, bin ich für Blech. Ich schlage Prinzess-Böhnchen vor, die sind lecker und erinnern mich an Prinzessinnen. Kochen, dann essen, Büchsen ausspülen und Apple-Aufkleber draufpeppen.)

„- eine Schere.“

(Nee, zwei Scheren. Jeder eine.)

„- einen langen Faden“

(etwa 5-1500 km lang, je nachdem wohin man anrufen möchte. Mein Baumarkt hat nächste Woche welche im Angebot, passt.)

„- einen Freund bzw. eine Freundin.“

(kann für den ein oder anderen schwierig werden. Gibt’s halt nicht im Baumarkt.)

„Nun zur Bauanleitung:

Zunächst steche mit Hilfe der Schere ein Loch in die Bodenmitte der beiden Becher. Sei aber bitte vorsichtig, dass sie dich nicht verletzt!“

(Wenn ich daran denke, was mir mein Leben schon so alles „beschert“ hat, kann ich diese Warnung nicht ernst genug nehmen!)

„Nun zieh die beiden Enden des Fadens durch die Löcher und verknote sie so fest, dass sie nicht durch das Loch rutschen können.

(Knoten machen kann ich echt gut machen. Kein Problem!)

„Das war’s eigentlich schon! Und nun zum Test dieser Telefonie:

Am besten gehst du nach draußen zum Ausprobieren deines Telefons. Halte nun die eine Büchse an dein Ohr. Dein Freund nimmt sich die zweite Büchse. Bitte nun deinen Freund in seine Büchse zu sprechen oder zu singen.“

(Mich sollte man besser nicht bitten zu singen. Das würde jede Freundschaft gefährden.)

Dabei muss der Faden sehr straff gespannt sein, ohne mit einem Hindernis in Berührung zu kommen. Auch wenn der Faden sehr lang ist, solltest du trotzdem die Stimme deines Freundes hören.“

Wie schon mal gefragt: erinnert ihr euch? Ja, wir waren schon vor den Zeiten des Internets online. Und es funktionierte wirklich.
Irgendwann aber riss mir der Faden, ich hörte nichts mehr von meinem Freund. Und so lernte ich zu vermissen.

Das kann ich bis heute sehr gut, ähnlich wie gute Knoten machen. Daraus habe ich gelernt:

Das Glück hängt an einem langen Faden. Bis heute tut es weh, wenn er mir reißt, dieser Faden. Sei es vor lauter Regen, der ihn aufweicht, oder in der Hitze der Sonne, die ihn verbrennt.

Vermissen aber geht immer. Vielleicht ist das ja die Lösung.

Dieser Faden ist unzerstörbar!

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